Wieso wir Dächer kühlen müssen

veröffentlicht am 4.7.2023

Kategorie: Der Klimajäger klärt auf

Wieso wir Dächer kühlen müssen

Andreas Jäger

Andreas Jäger

veröffentlicht am 4.7.2023

Ohne Kühlung kein Leben. Schon einmal in der Mittagssonne über ein kiesbedecktes Flachdach gelaufen? Das geht nur wenige Meter ohne Brandblasen. Um Flachdächer mit Leben zu erfüllen, müssen wir sie kühlen. Wieso wir das überhaupt tun? Damit schlagen wir der zunehmenden Überhitzung der Städte durch die Klimaerwärmung ein Schnippchen. Und am besten machen wir das so, wie es die Natur immer schon gemacht hat: Wir kühlen die Dächer mit Pflanzen - den stromlosen Kühlgeräten der Natur.

"Wollte die Natur die heißen Kontinente erobern, musste sie sich etwas einfallen lassen."

Die Erde hat es uns vorgemacht. Vor knapp 4 Milliarden Jahren entstand das Leben im vergleichsweise kühlen Meer. Die nackten Kontinente dagegen waren lebensfeindliche Hitzehöllen. Die leblosen Sand- und Felswüsten wurden in der Sonne glühend heiß und durch den extremen Temperaturgegensatz zwischen Meer und Festland tobten sich schwere Stürme aus. Bis sich die ersten Tiere aus dem Wasser an Land wagen konnten - ohne sich buchstäblich die Flossen zu verbrennen - vergingen über 3 Milliarden Jahre. Wollte die Natur die heißen Kontinente erobern, musste sie sich etwas einfallen lassen. Die Herausforderung war klar: Um das in der Hitze flirrende Festland zu beleben, musste man es zuerst kühlen – aber wie?

Die Lösung: Verdunstungskühlung

Im Prinzip lag die Lösung für die Natur auf der Hand: Verdunstungskühlung. Die Kontinente mussten so zu „schwitzen“ lernen, so wie es das Meer tut: Wassermoleküle die sich von der Meeresoberfläche lösen und in die Luft verdunsten, nehmen Wärme mit und lassen kühleres Meerwasser zurück.

Wir Menschen haben das abgekupfert. Indem wir über unser Schweißdrüsen einen Schweißfilm über die Haut legen, kann Wasser verdunsten und Wärme von der Haut abführen und uns sehr effektiv kühlen: 50 Grad Lufttemperatur in der Wüste beispielsweise, wäre auf Dauer für uns Menschen absolut tödlich – aber bei einer trockenen Brise und kühlen Getränken im Schatten eines Zeltes liegend, kann man das aushalten. Auch für unsere moderne Kältetechnik ist Verdunstungskühlung das Zauberwort: Jeder Kühlschrank und jede Klimaanlage kühlt, indem ein Kühlmittel verdunstet und die aufgesogene Wärme nach außen abgeführt wird.

Wie schafft die Natur eine dauerhafte Kühlung?

Wasser als „Kühlmittel“ war also die Lösung und in Form von Regen auch auf den Kontinenten vorhanden, nur leider nie lange. Kühlender Regen auf die heißen Felsen war wie der Tropfen auf den heißen Stein. Kaum hatte es geregnet, war das Wasser weg. Das meiste Regenwasser floss ohne Umwege in Bächen und Flüssen wieder ins Meer zurück und war für das Festland verloren - im Prinzip das gleiche Problem wie wir es heute in den überhitzten Betonwüsten der Großstädte, den bodenversiegelten Einkaufzentren an den Stadträndern – oder eben nackten Flachdächern haben. Wasser das statt gespeichert zu werden, auf Nimmerwiedersehen abließt, kann später nicht beim Kühlen helfen – brütend heiße Hitzeinseln sind die Folge.

"...das Leben hat sich mit der Bodenerde ein Kühlsystem geschaffen, welches pro Quadratmeter Festland etwa gleich viel Wasser verdunstet wie ein Quadratmeter Meeresoberfläche."

Aber die Natur hatte einen Plan: nämlich die Felsen mit wasserspeichernder Erde zu bedecken! Ein langes Projekt. 2,5 Milliarden Jahre dauerte es, bis große Flächen der Kontinente mit Humus und Pflanzen überzogen, bis die „Erde“ der Erde vollständig aufgebaut war. Dieses Humus speichert das Regenwasser und stellt es den Pflanzen über längere Zeit zur Verfügung – das Leben hatte sich mit der Bodenerde ein Kühlsystem geschaffen, welches pro Quadratmeter Festland etwa gleich viel Wasser verdunstet wie auf einem Quadratmeter Meeresoberfläche. So kühlten die Kontinente ab und das Wetter beruhigte sich. Damit war buchstäblich der Boden für die Besiedlung der Kontinente aufbereitet, und die ersten Tiere konnten vor knapp 400 Millionen Jahren an Land gehen. Wollen wir im Zuge der Klimaerwärmung die Dächer erobern und die Umgebung kühlen, müssen wir das Gleiche tun. Lasst uns aus Flachdächern Oasen der Kühle machen, indem wir sie mit einem einem System aus Humus und Bewuchs abkühlen!

Die Kühlung am Dach braucht nur Wasser

Entscheidend für die grüne Dachkühlung ist die Wasserversorgung des Bewuchses. Ohne Verdunstung keine Kühlung. Sedum beispielsweise, kann bei guter Bewässerung die Hitze am Dach mit bis zu 10 Watt pro Quadratmeter dämpfen. Nicht zu vergessen - auch in der Nacht. Ein enormer Wert.

Allerdings: Fällt das Substrat trocken - etwa durch heißes Hochsommerwetter - schaltet das Dickblattgewächs auf Überlebensmodus und fährt den Wasserverbrauch zurück. Als Folge geht die Verdunstung gegen Null - und die Kühlung am Dach fällt aus. Genau dann, wenn wir Kühlung am nötigsten hätten. Das ist definitiv eine Schwäche des „normalen“ Retentions-Gründach, das aus einem Substrat und Bewuchs besteht.

Dem vorzuziehen ist das sogenannte Detentions-Gründach: Beim Detentionsdach werden Bewuchs und Substrat werden durch einen Wasserkörper darunter ergänzt – Wasser wird in einem flachen Becken den Pflanzen dauerhaft zur Verfügung gestellt. So ein Dach kann sogar Starkregenfälle (die mit dem Klimawandel häufiger geworden sind und werden) aufnehmen und das kostbare Nass in die Trockenphasen hinüberretten.

Detentions-Gründach: Am Dach wird der Aufbau eines typischen Bodens simuliert. Das Substrat ist der Humus und das Wasser darunter der Grundwasserkörper, der in langen Trockenphasen den Bewuchs am Leben erhält. So kann die Verdunstungskühlung am Dründach auch bei Heißwetterlagen gewährleistet werden.

Wieso machen wir das? Es wird uns zu heiß

Wieso wollen wir eigentlich auf die Dächer? Weil wir müssen. Bis jetzt haben wir mit jedem Gebäude die städtische Hitzeinsel vergrößert. Früher mag durchaus willkommen gewesen sein: 23 Grad im Zentrum statt 19 am Waldrand war vielen angenehm. Mit der laufenden Klimaerwärmung hat sich das Blatt aber schon lange gewendet. Spätestens bei Temperaturen über 30 Grad, wird es zu viel der Hitze. Die Anzahl der Tropentage über 30 Grad hat sich in den vergangenen 30 Jahren in Österreich mehr als verdoppelt. Besonders für schwächere und ältere Menschen wird das zum gefährlichen Risiko. Städte durch Begrünung zu kühlen ist alternativlos – und auf dem Dächermeer der Städte und Dörfer ist viel Spielraum.

Fazit

Kühlung ist mit der laufenden Klimaerwärmung unerlässlich. Besonders die Ballungsräume werden durch den Hitzeinseleffekt immer heißer. Mit begrünten Dächern können wir die Städte über Verdunstung kühlen. Voraussetzung ist allerdings die durchgehende Wasserversorgung des Bewuchses – vor allem in Heißwetterphasen. Detentions-Gründächer können das am besten gewährleisten.

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