Wieso werden Dürren häufiger?

veröffentlicht am 25.5.2023

Kategorie: Der Klimajäger klärt auf

Wieso werden Dürren häufiger?

Andreas Jäger

Andreas Jäger

veröffentlicht am 25.5.2023

Die bedenklichste Seite des Klimawandels ist vermutlich die zunehmende Dürregefahr. Dabei sind Dürren nichts Neues. Für Landwirte war es gefühlt immer schon wie beim Russisch Roulette: Die Revolvertrommel dreht sich und wenn man Pech hat, erwischt man die Kammer mit der einen Patrone - die ohne Regen. Und jeden Sommer dreht sich die Trommel aufs Neue. Und was hat sich daran mit dem Klimawandel geändert? Irgendwie alles. Heute ist es so, als ob in der Revolvertrommel plötzlich nicht nur eine, sondern mehrere Kugeln stecken würden. Die Wahrscheinlichkeit für Dürren ist massiv gestiegen. Begrünte Flachdächer, die dem entgegenwirken in dem sie Wasser zurückhalten, braucht es mehr denn je.

Das Prinzip ist schnell erklärt: Wie schon im Blog „Warum gibt es öfter Hochwasser“ beschrieben, giert warme Luft mehr nach Wasser als kalte Luft. Pro Grad kann wärmere Luft 7% mehr Wasserdampf aufnehmen. Man denke an den warmen Föhn in den Bergen oder den Haarfön im Badezimmer. Je wärmer beide sind, desto trocknender sind sie - und mit dem Klimawandel sind die Temperaturen speziell im Sommer gestiegen. Dadurch ist es per se schon schneller trocken als früher und die Gefahr für Dürren gestiegen. Aber das ist noch nicht alles. Zwei „Nebenprodukte“ des Klimawandels kommen verschärfend hinzu: Die Schönwetterphasen sind mit dem Klimawandel länger geworden und die Schmelzwasserreserve von den Bergen wird durch die wärmeren Winter immer kleiner. Das bedeutet:

Wenn wir uns nicht anpassen und nicht lernen, unseren Regen besser zu managen, werden vor allem die Sommer zunehmend zur Zitterpartie. Gründacher werden ein wichtiger Teil dieser Anpassung sein.

Zunahme der Hitzetage anhand der Steiermark: Die Mittlere Anzahl der Hitzetage über 30° steigt ohne Anstrengungen im Klimaschutz bis zum Ende des Jahrhunderts von 3,8 Tagen auf 20,3 Tage an, das ist ca. das fünffache. Das ist repräsentativ für ganz Österreich und bedeutet eine massive Zunahme von Trockenheit. Um schwere Dürren zu vermeiden, brauchen wir dringend ein anderes Wassermanagement.

Was tun Gründächer für uns?

Die Niederschlagssumme übers ganze Jahr gesehen - also Schnee- und Regenwasser aufsummiert - hat sich kaum geändert. Was sich geändert hat, ist das WANN und WIE es regnet: Speziell im Sommer sind die Phasen ohne Regen länger, dafür fällt als Ausgleich an Regentagen mehr Regen auf einmal vom Himmel – Starkregen mit entsprechenden Überschwemmungen haben zugenommen.

Hier kommen Gründächer ins Spiel: Ihre Aufgabe ist es, den Platzregen am Dach zurückzuhalten und für trockene Wetterlagen zu puffern. Gründächer haben das Potential Wasser zu „retten“. Es ist eine Milchmädchenrechnung: Bei einem Starkregenereignis von beispielsweise 80 Liter/m2 schießen auf einer normalen Dachfläche von 100 m2 in wenigen Stunden 8000 Liter in die Kanalisation und sind für die Vegetation verloren. Am Gründach bleibt der Regen dagegen am Dach und hilft über die nächste Trockenphase hinweg. Im besten Fall entsteht ein Kreislauf: Das unter der drückenden Sonne von der Begrünung verdunstete Wasser geht wieder als Regenschauer auf die Dächer nieder - ein Kreislauf aus verdunsten und kondensieren entsteht. Dahin wollen und müssen wir.

Zunahme der Starkniederschläge anhand der Steiermark: An drei aufeinanderfolgenden Regentagen muss man in der Steiermark im mittleren Extremfall mit 53,9 Liter pro m2 rechnen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden es 73 Liter sein – dieses Wasser gilt es für die langen Trockenzeiten zwischen den Regenfällen zu puffern.

Ist die Dürregefahr nur in Österreich gestiegen?

Die lange Trockenphasen sind kein österreichisches Phänomen, sie betreffen ganz Europa. Tatsächlich hatten wir in Österreich vergangenen Sommer Glück. 2022 war das zweitwärmste Jahr in Europa und der wärmste Sommer überhaupt, mit Trockenheit und Dürren vor allem in Westeuropa. 63% der Flüsse führten Niedrigwasser. Der Po in Oberitalien verkam dabei zum Rinnsal und die Quelle der Themse in England trocknete sogar aus. In Frankreich mussten auf Grund fehlenden Kühlwassers der Loire Atommeiler runtergefahren werden.

Rekordhitze in Europa: 2022 war der wärmste je in Europa gemessene Sommer. Bezogen auf die Referenzperiode von 1991 – 2020 lagen vor allem in Westeuropa die Höchsttemperaturen 10 Grad über den normalen Höchstwerten. Wasserknappheit und Dürren waren die Folge.

Europa ist der Kontinent, der bis zum heutigen Tag besonders sensibel auf den Klimawandel reagiert.

Warum gerade Europa?

Regen und Schnee in Europa kommen entweder vom Atlantik oder vom Mittelmeer. Ein Großteil der Niederschläge bringen Tiefdruckgebiete, die von Westwinden vom Atlantik kommend zu uns geschoben werden. Dreht der Wind von West auf Südwest schieben sie Italientiefs heran. So werden ergiebige Regenfälle vom Mittelmeer bis tief in den Kontinent getragen. Das ist die Regencharakteristik Europas. Alles hängt am Westwind.

Der Klimawandel hat hier schon an wichtigen Schrauben gedreht: Auf Grund der sich erwärmenden Meere verdunstet sowohl vom Atlantik als auch im Mittelmeer mehr Wasser als früher und die Tiefdruckgebiete können leichter Wasser tanken als früher. Das würde in Summe für eine Zunahme der Niederschläge sprechen, wenn da nicht eine gegenläufige Entwicklung eingesetzt hätte: Die Westwinde - die die Regentiefs vor sich hertreiben - sind in den vergangenen Jahrzehnten langsamer geworden. So kommt es, dass speziell im Sommer Tiefdruckgebiete seltener über Europa ziehen und sich stabiles Hochdruckwetter mit gnadenlosem Sonnenschein öfter einstellt als früher.

Warum sind die Westwinde schwächer?

Die Abschwächung der Westwinde ist eine direkte Wirkung des Klimawandels. Der in Europa vorherrschende Westwind entsteht, da genau bei uns - in den mittleren Breiten - subtropische Warmluft auf polare Kaltluft trifft. Je stärker der Temperaturgegensatz, desto stärker der Westwind.

Und genau da findet der Treibhauseffekt seinen Hebel: Die Erwärmung der Erde durch die CO2-Zunahme ist nicht gleichmäßig, sie ist an den Polen stärker als am Äquator. Das ist einer der Gründe, wieso die Erwärmung seit der Industrialisierung bei uns in Österreich bei 2,1 Grad und weltweit bei 1,2 Grad liegt. Damit hat sich der Temperaturgegensatz zwischen der Subtropischen Warmluft und der Polaren Kaltluft abgeschwächt - und als direkte Folge auch der Westwind.

"Das hat Auswirkungen die extremer sind, als es sich die Klimatologen noch vor ein paar Jahrzehnten ausmalen konnten. Daher bleibt im Übrigen das Einbremsen des Klimawandels das Gebot der Stunde."

Fazit

Trockenheit und Dürregefahr sind durch den Klimawandel gestiegen, da die regenbringenden Westwinde schwächer geworden sind. Die Aufgabe von Gründachern ist es nun, Regenwasser am Dach zurückzuhalten und damit für Trockenzeiten zu retten.

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