Kategorie: Gründach Technologien
Das Detentionsdach
Florian Jauk
veröffentlicht am 27.6.2023
Gründach ist nicht gleich Gründach. Ein Detentionsdach vereint alle Vorteile eines herkömmlichen Gründachs, kann aber noch viel mehr. Zeit, den Alleskönner vorzustellen.
Wir müssen umdenken, vor allem im Bausektor. Denn Extremwettereignisse häufen sich durch den Klimawandel: Auf lange Trockenperioden folgen teils heftige Regenfälle. Das sorgt für Ernteausfälle in der Landwirtschaft und Überflutungen in den Städten, die im Sommer außerdem immer heißer werden. Diese Effekte werden zusätzlich durch die zunehmende Flächenversiegelung verstärkt. Vor allem in Österreich, denn im Flächenverbrauch sind wir europaweit trauriger Spitzenreiter. Wir brauchen daher neue Lösungen, um unsere Architektur den neuen Gegebenheiten anzupassen und die Flächenversiegelung umzukehren. Das funktioniert am besten mit einem Detentionsdach. Aber was genau ist das und was kann es?
Nachhaltiges Wassermanagement
Ein Detentionsdach ist ein begrüntes und wasserspeicherndes Flachdach. Wie beim klassischen Gründach, das in der Fachsprache Retentionsdach genannt wird, fließt der Niederschlag auf einem Detentionsdach nicht ab, sondern wird bewusst zurückgehalten. Und davon ganz schön viel: Bis zu 300 Liter Niederschlag pro Quadratmeter werden auf dem Dach gespeichert. Dadurch werden Pflanzen auch in längeren Trockenphasen mit wertvollem Regenwasser versorgt und müssen nicht gegossen werden. Zudem kann der gespeicherte Niederschlag auch als Nutzwasser zur Toilettenspülung verwendet werden.
Die Retentionskörper können in ihren zwei Schichten pro Quadratmeter bis zu 300 Liter Regenwasser speichern und der Dachbegrünung zur Verfügung stellen.
Retention vs. Detention
Aber was genau ist der Unterschied zwischen einem Retentions- und einem Detentionsdach? Kurz gesagt: Die Technik. Anders als auf dem herkömmlichen Gründach kann der Wasserpegel auf einem Detentionsdach automatisch reguliert werden. Verantwortlich dafür ist das innovative Active Retention-System. Über eine Niveauregulierung – auch Retentionsklappe genannt - kann der Wasserstand am Dach stets angepasst werden. Das funktioniert auf einem Detentionsdach proaktiv statt reaktiv auf Basis von Wetterdaten. Wenn beispielsweise Regen angesagt ist, rinnt schon vorab über eine Niveauregulierung Wasser vom Dach ab, sodass während des Regens genug Wasser am Dach gespeichert werden kann. Regnet es stärker als erwartet, fließt das überschüssige Wasser einfach über die Niveauregulierung in den Abfluss ab.
Der Aufbau von Active Retention. Durch die steuerbare Niveauregulierung kann der Wasserstand am Dach stets angepasst werden.
Innovatives Sicherheitssystem
Ein weiterer großer Vorteil von Detentionsdächern ist die Weltneuheit Locdrain®. Das patentierte System wurde entwickelt, um das Dach vor Wasserschäden zu schützen. So können Probleme auf dem Dach und am Gebäude frühzeitig erkannt werden. Und das bis auf 25 Quadratmeter genau. Das spart Geld und Zeit. Außerdem kann Locdrain® die Schäden nicht nur erkennen, sondern auch verringern, in dem es Wasser über Saugpads abführt. Dank dieser Innovation werden Dächer nicht nur sicherer, sondern auch viel länger haltbar.
Weniger Überflutungen
Die Technik hinter Detentionsdächern kann aber nicht nur innerhalb des Systems auf dem Dach, sondern auch in unmittelbarer Umgebung Wasserschäden verhindern. Wie bitter nötig das ist, haben wir in der jüngeren Vergangenheit häufig gesehen. Denn in dicht bebauten Städten gibt es immer weniger Flächen, wo Wasser abrinnen kann, und so fließt bei einem Starkregen auf einmal zu viel Wasser in die Kanalisation, die diese die Wassermassen nicht mehr aufnehmen kann. Die Folge sind Überschwemmungen. Ein Detentionsdach nimmt der Kanalisation durch seinen Wasserspeicher Arbeit ab und entlastet sie.
Der Klimawandel führt auch in Österreich zu einer zunehmenden Hochwassergefahr. Der Boden ist oft zu trocken, um die steigenden Regenmengen aufzunehmen, und die Kanalisation ist überlastet. Im Juni 2023 wurde dies im Bezirk Hollabrunn deutlich sichtbar. Quelle: APA/AFKDO HOLLABRUNN.
Natürliche Klimaanlage
Zusätzlich kann ein Detentionsdach sich selbst und seine Umgebung kühlen. Denn die Dachbegrünung wandelt durch Fotosynthese CO2 in Sauerstoff um und wirkt durch den Prozess der Transpiration wie eine Klimaanlage. Dabei verdunstet Wasser auf den Pflanzenblättern, was ähnlich wie Schweiß auf der menschlichen Haut einen kühlenden Effekt ergibt. Diese natürliche Klimaanlage macht sich ein Detentionsdach zunutze. Mit einer Kühlleistung von bis zu 80 Watt pro Quadratmeter übertrifft das Gründach sogar eine modernen Klimaanlage und trägt dazu bei, das Raumklima im gesamten Gebäude angenehm zu gestalten. Und das ohne zusätzliche Energiekosten.
Fazit
Das gesamte System hinter einem Detentionsdach kann energieautark mithilfe von Photovoltaikanlagen betrieben werden und ist außerdem verschleißfrei und verschmutzungsresistent. Der Grund dafür ist, dass für die einzelnen Teile elastischen Komponenten genutzt werden, wodurch sich die Materialien und Dichtungen nicht abnutzen. Zudem sind alle Komponenten leicht zugänglich, sodass man sie einfach überprüfen kann.
Ein Detentionsdach baut auf dem klassischen Gründach auf und bietet erweiterte technische Funktionen sowie Vorteile. Damit präsentiert es sich als nachhaltige Lösung für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und führt zu einer umfassenden Umkehrung der Flächenversiegelung. So werden unsere Lebensräume wieder kühler, sicherer und lebenswerter.